“One more thing” ist eines der berühmtesten Zitate der Neuzeit und es war an diesem 9.Januar 2007 zu spüren, dass hier etwas Revolutionäres geschah. Das lag zu einem hohen Grad an der charismatischen Person von Steve Jobs, aber es bleibt unbestritten, dass dieser kleine Hochleistungscomputer, den wir alle mit uns herumtragen, diese unsere Welt so stark verändert hat wie vielleicht vorher die Erfindung der Dampfmaschine oder des Automobils.
Nicht nur im privaten Sektor, sondern auch und gerade im industriellen und beruflichen Kontext funktioniert (fast) nichts mehr ohne Smartphone. Das führt unter anderem dazu, dass ich sogar zwei von diesen Teilen mit mir herumschleppe. Danke, aber kein Mitleid, das ist ein selbstgewähltes Schicksal.
Doch zurück zu besonderen Daten mit diesem “one more thing”. Die grauen Wintermonate scheinen eine gute Kulisse für diese Momente abzugeben, auch wenn der 26.Februar 2024 in unseren Breiten eher frühlingshaft daherkommt. Die Telekom hat an diesem Tag das erste Smartphone auf dem Mobile World Congress vorgestellt, das komplett ohne Apps auskommt. Und die Süddeutsche Zeitung titelt: “Ein neues Zeitalter“.
Nun kann man die Augenbrauen hochziehen – ausgerechnet die Kupferkabel-Telekom aus Deutschland, dem Entwicklungsland für Breitband-Internetzugang und mehr mobilen Funklöchern als Löcher im Schweizer Käse? Die soll jetzt das nächste “one more thing” haben?
Aber lassen wir diese Polemik mal kurz beiseite, was ist denn dieser “one more thing” Moment hier? Wir sehen ein Smartphone, dass ein extrem cleanes User Interface hat und nicht für jeden Anwendungsfall eine App anbietet. Das ich natursprachliche Aufgaben geben oder Fragen stellen kann und die KI zeigt mir Lösungsmöglichkeiten oder gibt Antworten auf meine Fragen. Was das für die private Massenanwendung bedeutet, diese Analyse überlasse ich lieber Menschen, die das viel besser können als ich.
Was ich mich aber frage und diese Frage treibt mich wirklich um: Was bedeutet das jetzt für ein PLM-System? Oder machen wir es noch ein bisschen größer, für Unternehmenssoftware im industriellen Wertschöpfungsprozess?
Auch dort haben wir einen “Zoo” aus verschiedensten Applikationen, angefangen von CRM über PDM-Systeme und deren Autorensysteme bis hin zu EMS und ERP. Und an die Logistik, QM und HR-Systeme möchte ich da noch gar nicht denken. Jede diese Anwendungen bringt dann noch eine ganze Reihe von Funktionen oder Apps mit und eigene Storages für die jeweiligen Daten. An deren Integration arbeiten wir seitdem in den 1990’er Jahren das Wort CIM das erste mal aufkam und stellen uns so der Herausforderung der zunehmenden Komplexität in den Unternehmensprozessen und -entscheidungen. Als eine beispielhafte Technologie soll der Einsatz von Cloud-Technologien und Microservices-Architekturen genannt werden. Microservices ermöglichen die Entwicklung und Wartung einzelner Funktionsbereiche einer Anwendung unabhängig voneinander, was die Komplexität reduziert und die Wartbarkeit verbessert. Cloud-Plattformen bieten zudem die notwendige Infrastruktur und Dienste, um Anwendungen effizient zu betreiben und zu skalieren.
Diese Ansätze finden sich aber eher im Maschinenraum der Unternehmenssoftware wieder. Was ist da aber für den Passagier an Deck, also den Endanwender drin? Wie können Unternehmensanwendungen diesem Endanwender zukünftig bei der Lösung seiner Herausforderungen helfen?
Und hier möchte ich auf den “one more thing” Moment der Telekom zurückkommen. Ist der zukünftige Client eines (PLM-)Systems nur noch ein Prompt, dem Fragen gestellt und Anweisungen erteilt werden und die KI macht dann den Rest? Was ist dann überhaupt der Rest? Hier ist eine unvollständige Auflistung:
Automatisierte Datenintegration
Eine KI kann die Identifizierung und Zusammenführung relevanter Daten aus verschiedenen Quellen und Systemen automatisieren. Durch den Einsatz von Machine Learning-Algorithmen können Systeme Muster und Zusammenhänge zwischen Daten aus unterschiedlichen Silos erkennen und diese intelligent verknüpfen. Dies vereinfacht den Integrationsprozess erheblich und ermöglicht so einen konsolidierten Blick auf die Unternehmensdaten. Damit hilft die KI dem Anwender durch den Komplexität der verschiedenen Unternehmensanwendungen und -Systeme.
Intelligente Prozessautomatisierung
Die Automatisierung von Geschäftsprozessen, die Daten aus verschiedenen Systemen benötigen, ist ein weiteren Feld des Einsatzes vom KI. Robotic Process Automation (RPA) in Kombination mit KI ermöglicht es, repetitive Aufgaben, die früher manuelle Dateneingriffe aus verschiedenen Quellen erforderten, zu automatisieren. Dadurch werden Prozesseffizienz gesteigert und Fehler reduziert.
Predictive Analytics und Entscheidungsunterstützung
Durch die Integration und Analyse von Daten aus verschiedenen Silos können KI-Systeme tiefere Einblicke in Geschäftsprozesse bieten und zukünftige Trends vorhersagen. Predictive Analytics ermöglicht es Unternehmen, fundiertere Entscheidungen zu treffen, Risiken zu minimieren und Chancen proaktiv zu nutzen. Kritische Situationen können zeitiger erkannt und darauf aufmerksam gemacht werden.
Verbesserte Datenqualität und -bereinigung
Unzureichende Datenqualität ist eine häufige Herausforderung bei der Arbeit mit Daten aus verschiedenen Silos. KI-gestützte Tools können inkonsistente, unvollständige oder duplizierte Daten automatisch identifizieren und korrigieren. Durch die Bereinigung und Normalisierung der Daten wird deren Nutzbarkeit für Analysen und Entscheidungsprozesse erheblich verbessert.
Diese Aufzählung ist sicher nicht vollständig, aber zeigt wichtige Aspekte aus der PLM-Perspektive auf.
Versuchen wir uns einmal an einem Fazit. “One more thing” kann zu einer radikalen Komplexitätsreduzierung für den (PLM-) Anwender führen. Ein Durchklicken durch Strukturen und Dashboards in unterschiedlichen Apps und Anwendungen ist nicht mehr nötig. Dagegen können einem Prompt natursprachliche Fragen gestellt und Anweisungen gegeben werden. Die KI versteht diese und kann Lösungen vorschlagen oder Antworten geben. Das ist eine revolutionäre Usability.
Des Weiteren verbessert die durch KI ermöglichte Systemintegration die Datenbasis, auf der die KI operiert und steigert damit direkt die Relevanz, Genauigkeit und Nützlichkeit der KI-generierten Antworten. Das sind dann die richtigen Vorschläge und Anworten, die die KI gibt.