In meinem Artikel “Keine Maschine ohne Richtlinie” habe ich die gestiegene Bedeutung der Risikobeurteilung im Zusammenhang mit der neuen Maschinenrichtlinie MRL 2006/42/EG angesprochen. Den heutigen Beitrag möchte ich nutzen, das Thema einmal im Detail zu betrachten und dabei genauer auf die Integration dieses Teilprozesses in den Konstruktions- und Fertigungsablauf einzugehen.
Die MRL fordert, dass eine Risikobeurteilung vorgenommen wird, um deren Ergebnisse in die Konstruktion und den Bau der Maschine einfließen zu lassen. Es ist nicht ausreichend, auf Gefahren und Risiken bei Inbetriebnahme und Benutzung einer Maschine hinzuweisen. Es gilt der Grundsatz, dass durch eine geeignete Konstruktion eine Gefährdung gar nicht erst auftreten darf. Damit ist die Risikobeurteilung kein Prozess, der erst bei der Freigabe der Bauunterlagen oder sogar erst nach Fertigstellung der Maschine durchgeführt werden kann. Die Risikobeurteilung beginnt bereits bei den ersten Designentwürfen und begleitet den gesamten Engineeringprozess des Maschinenherstellers und ist somit Teil der PLM-Strategie.
Aber was ist eigentlich ein Risiko und wie wird eine Beurteilung eines Risikos durchgeführt? Dafür gibt es neben der MRL noch weitere Normen. Es sei auf die DIN EN ISO 14121-1 „Sicherheit von Maschinen – Risikobeurteilung“ und die DIN EN ISO 12100-1 und -2 „Sicherheit von Maschinen – Grundbegriffe, allgemeine Gestaltungsleitsätze“ verweisen. In ihnen und natürlich in weiteren Normen sind Prozesse, Methoden und Checklisten beschrieben. Ein Beispiel ist die 3-Stufen-Methode nach DIN EN ISO 12100. Oberste Priorität hat die Vermeidung von Gefährdungen durch eine inhärent sichere Konstruktion. Sollte das nicht möglich sein, müssen technische Schutzmaßnahmen eingebaut werden. Risiken, die dadurch nicht vermieden werden können, müssen durch Benutzerinformationen klar kommuniziert werden. Aus einem anderen Blickwinkel betrachtet heißt das: Anleitungen und Warnschilder sind nicht dazu da, Konstruktionsmängel zu kompensieren. Das betrifft nicht nur den Betrieb der Maschine, sondern den gesamten Lebenszyklus inkl. der Verschrottung und des Recyclings.
Was bedeutet dies jetzt für die gesamte PLM-Strategie eines Maschinenherstellers? Sicher können auch die Forderungen der MRL ohne Softwareunterstützung umgesetzt werden. Aber gerade in diesem Bereich steckt ein hohes Optimierungspotenzial durch den Einsatz eines PLM-Systems. Die Abbildung und die Synchronisation von Unternehmensprozessen, die Zuweisung von Aufgaben an Prozessbeteiligte, die Verwaltung der entstehenden Daten, der klare Blick auf den Stand der Dinge durch Managementreports, die Beschleunigung der Durchlaufzeiten und die Sicherheit, gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden, all dies spricht für den Einsatz einer PLM-Software.