Sucht man bei Google nach dem Begriff PLM, findet man auf den ersten Seiten hauptsächlich PLM-Systemhersteller. Auch im sonstigen Gebrauch des Begriffes wird vielfach PLM mit PLM-System gleichgesetzt und somit dieser Managementansatz auf eine Softwarelösung reduziert. In meinem heutigen Blogartikel möchte ich einige Gedanken zusammentragen, die sich von dieser Betrachtungsweise lösen und einen anderen Blickwinkel auf dieses Thema zeigen.
Die erste These ist, dass ich mich vom klassischen Ansatz eines PLM-Systems trennen möchte, dass alle produktrelevanten Daten möglichst in der Datenbank und/oder Vault zusammengefasst werden sollen. Was passiert eigentlich, wenn man dem Konstrukteur seine PDM-Lösung lässt, die gut mit seinem CAD-System integriert ist. Der Projektingenieur fühlt sich eigentlich auch ganz heimisch mit seinem MS Project und die Arbeitsvorbereitung legt ihre Dokumente auf einem Netzlaufwerk ab. Und für den Hauptteil der Arbeit reicht das auch vollkommen.
Solange jeder auf seiner Insel bleibt, ist auch jeder zufrieden. Schwierig wird es nur, wenn zum Beispiel Änderungsprozesse bereichsübergreifend bearbeitet werden müssen und somit eine gemeinsame Datenbasis unbedingt notwendig wird. Oder aus gesetzlichen Anforderungen fachübergreifende Nachweise erbracht werden müssen – Stichworte sind die Risikobeurteilung nach MRL oder aus der Medizintechnik der Device Master Record. An dieser Stelle schlägt die Stunde eines PLM-Systems, das die einzelnen Inseln in ein Datenmodell integriert. Welcher Aufwand notwendig ist, diese Insellösungen in ein PLM-System zu überführen, kennen wir aber auch alle. Die technische Herausforderung steht dabei gar nicht im Vordergrund. Viel aufwändiger ist der Änderungsprozess in den Köpfen der Anwender, die von ihrem lokalen Maximum – ihrer Insellösung – auf ein globales Maximum – PLM-System – umschwenken müssen. Wie viele PLM-Projekte sind eigentlich schon an diesem Punkt gescheitert, obwohl sie in Betrachtung des Gesamtunternehmens definitiv die versprochenen Ziele erreicht hätten?
Der Kompromiss wäre doch, dem Anwender sein lokales Maximum zu lassen und trotzdem die Zusammenarbeit zu ermöglichen. Ein Vorschlag, den ich hier zur Diskussion stellen möchte, ist, das PLM-System eher als intelligente Suchmaschine zu sehen. Trennen wir uns doch mal vom Gedanken der kompletten Systemintegration. Vielleicht ist es viel effektiver, weniger Zeit in die Datenablage in komplexen Datenmodellen zu investieren und dort eher lose ein Informationsnetzwerk zu spannen. Und wir denken mal an eine Google-Like Suchmaschine, die mir in unterschiedlichen Datenquellen die Informationen zusammensucht, die ich für meine aktuelle Aufgabe gerade benötige. Und mit der Unschärfe von unpassenden Treffern der Suche lebe ich einfach. Im normalen Internetalltag tue ich das ja auch. Wobei, wenn ich mir so anschaue, wie treffsicher mir Amazon mir Vorschläge „Das könnte Sie auch interessieren“ aus den wenigen Informationen macht, die dort zur Verfügung stehen. Und wenn man diesen Gedanken mal auf unsere PLM-Strategie transportiert:
Das PLM-System ist meine Suchmaschine für die Informationen meines aktuellen Arbeitsauftrags.
Den Daten, die ich für meine Arbeit benötige, folge ich im PLM-Twitter. Und das alles habe ich zusätzlich zu meiner klassischen Insellösung, mit der ich seit Jahren arbeite.
Ich möchte aber auch neben den positiven Dingen auch die negativen Aspekte nicht verschweigen: Wer sagt mir, dass meine Suchergebnisse vollständig sind? Was passiert mit meinen Prozessen, den elektronischen Workflows? Ich freue mich auf eine rege Diskussion mit den Lesern dieses Artikels.